Gase zum Formieren/Wurzelschutzgase: Auswahl und Anwendung
Formiergase, auch als Wurzelschutzgase bekannt, sind entscheidend für den Schweißprozess, da sie die Schweißnahtwurzel vor Sauerstoff schützen. Diese Gase schaffen eine inerte Atmosphäre, um die Oxidation der Naht zu verhindern und die Bildung einer sauberen, qualitativ hochwertigen Schweißnaht sicherzustellen. Die Auswahl des richtigen Formiergases beeinflusst die Schweißqualität maßgeblich, da unterschiedliche Werkstoffe unterschiedliche Anforderungen haben.
Arten von Formiergasen
Inerte Gase sind die am häufigsten verwendeten Formiergase:
- Argon (Ar) ist das gängigste Formiergas, da es inert, farblos und universell einsetzbar ist. Es eignet sich hervorragend für eine Vielzahl von Materialien, darunter unlegierte und legierte Stähle, Edelstahl und Aluminium.
- Helium (He) bietet hohe Wärmeleitfähigkeit und gute Durchdringung, was es bei speziellen Anwendungen nützlich macht, besonders bei der Bearbeitung von dickeren und dünnen Materialien. Allerdings ist es teurer als Argon und wird oft in Kombination mit anderen Gasen verwendet.
Gasgemische bieten zusätzliche Vorteile:
- Argon-Wasserstoff-Gemische (Ar/H₂) werden oft bei austenitischen Chrom-Nickel-Stählen eingesetzt, da der Wasserstoffanteil eine zusätzliche Schutzwirkung gegen Oxidation bietet.
- Stickstoff (N₂) und Stickstoff-Wasserstoff-Gemische werden speziell für die Formierung von austenitischen CrNi-Stählen und Duplexstählen verwendet, da sie ein passendes Schutzklima schaffen und die mechanischen Eigenschaften des Werkstoffs bewahren.
Aktivgase wie Sauerstoff (O₂) und Kohlendioxid (CO₂) sind keine Formiergase und sollten hier nicht verwechselt werden. Sie sind Schutzgase, die beim Schweißen verwendet werden, jedoch nicht für den Wurzelschutz geeignet sind.
Auswahl des Formiergases: Einflussfaktoren
Die Auswahl des Formiergases wird durch verschiedene Faktoren bestimmt:
- Werkstoff: Unterschiedliche Werkstoffe erfordern unterschiedliche Schutzgase, z.B. Edelstahl benötigt oft eine Kombination aus Argon und Stickstoff.
- Schweißverfahren: Schweißmethoden wie MIG, WIG oder Elektroschweißen haben spezifische Anforderungen an die Zusammensetzung des Gases.
- Materialstärke: Dünnwandige Materialien profitieren oft von Helium oder Helium-Mischungen, um Durchdringung zu erhöhen, während bei dickeren Materialien Argon-Gemische häufiger genutzt werden.
- Gewünschte Schweißeigenschaften: Anforderungen an die Schweißnaht wie Oberflächengüte, Penetration und mechanische Eigenschaften beeinflussen die Gaswahl.
Empfehlungen für die Gaswahl nach Material
Je nach Material gibt es unterschiedliche Empfehlungen für das geeignete Formiergas:
- Unlegierte und legierte Stähle: Argon oder Argon-Wasserstoff-Gemische sind meist geeignet, da sie effektiv Sauerstoff verdrängen.
- Edelstahl: Reines Argon oder Argon-Wasserstoff-Gemische sind Standard, um Korrosion zu vermeiden und eine hochwertige Schweißnaht zu erhalten.
- Aluminium: Argon ist die erste Wahl für Aluminium aufgrund seiner inerten Eigenschaften. Helium kann zusätzlich für eine verbesserte Durchdringung verwendet werden.
- Dünne Materialien: Helium oder Argon-Helium-Gemische sorgen für eine tiefe, saubere Durchdringung der Schweißnaht.
- Dicke Materialien: Für dickere Werkstücke eignen sich Argon-Helium-Mischungen, um die Wärmeverteilung zu verbessern und die Schweißnaht zu schützen.
Anwendungshinweise für Formiergase
Bei der Anwendung von Formiergasen müssen bestimmte Aspekte beachtet werden:
- Reinheit des Gases: Hochreines Gas (99,99 % oder höher) ist wichtig, um Verunreinigungen zu vermeiden, die die Schweißqualität beeinträchtigen könnten.
- Gasflussrate: Die Flussrate muss so eingestellt werden, dass der Sauerstoff schnell und effizient aus der Formierkammer verdrängt wird, ohne Turbulenzen zu erzeugen.
- Formierzeit: Die Dauer des Spülens mit Formiergas sollte ausreichend lang sein, um sicherzustellen, dass der Sauerstoff vollständig verdrängt ist.
- Vorwärmung des Werkstücks: Vorwärmung kann helfen, die Sauerstoffaufnahme des Materials zu minimieren und so die Schweißnahtqualität zu verbessern.
Fazit: Die Bedeutung der richtigen Gaswahl beim Formieren
Die Auswahl des passenden Formiergases ist ein entscheidender Faktor für die Qualität der Schweißnaht. Eine falsche Gaswahl kann zu Oxidation, schlechter Gasabdeckung oder Porenbildung führen, was die Korrosionsbeständigkeit, Festigkeit und Lebensdauer der Schweißverbindung beeinträchtigt. Besonders bei anspruchsvollen Werkstoffen wie Edelstahl oder hochlegierten Stählen kann dies zusätzliche Kosten durch Nachbearbeitung und verminderte Bauteil-Langlebigkeit verursachen. Daher ist es essenziell, das Gas entsprechend den Material- und Prozessanforderungen sorgfältig auszuwählen, um optimale Ergebnisse zu erzielen.